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„Tom Brady ist damit ein riesiges Risiko eingegangen“ - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Sebastian Vollmer spielte von 2009 bis 2016 für die New England Patriots in der National Football League (NFL) an der Seite von Quarterback Tom Brady. Dabei gewann der Offensivspieler als sogenannter „Offensive Tackle“ mit seiner Mannschaft zweimal den Super Bowl. Im Interview mit der F.A.Z. spricht er nun über den siebten Triumph seines früheren Teamkollegen im NFL-Finale und Bradys Wunsch nach „Unsterblichkeit“. Dabei äußert sich Vollmer auch zu seiner Erkrankung am Coronavirus und wie er dabei mehr als zehn Kilogramm Gewicht verlor.

Die Tampa Bay Buccaneers gewinnen den Super Bowl gegen die Kansas City Chiefs, für Tom Brady ist es der siebte Titel seiner Karriere. Was war Ihrer Meinung nach der zentrale Moment in diesem Spiel?

Ich weiß nicht, ob es da den einen Moment gab, aber es ging um die Grundeinstellung. Tampa Bay war der Aggressor, war die Mannschaft, die nie vom Gas gegangen ist, die von Beginn an immer Druck ausgeübt hat. Natürlich hatten sie Glück, dass bei Kansas City zwei wichtige Spieler, zwei Tackles, ausgefallen sind. Aber ihr Plan für das Spiel war gut, die gewählte Taktik, alles hat irgendwie gepasst. Für Tampa Bay, so schien es, hat sich das Spiel einfach gut angefühlt.

Football ist ein Teamsport. Und doch sprechen nach dem Triumph fast alle, allen voran auch seine Mitspieler, seine Trainer und auch der Besitzer der Buccaneers, über den großen Einfluss von Brady für die Mannschaft. Wie bewerten Sie diesen Einfluss?

Man kann diesen Einfluss einfach nicht verleugnen. Zu sagen, dass nur eine Person ein Spiel gewinnen kann, wäre nicht fair. Den anderen Spielern, aber auch den anderen Teams gegenüber. Aber man muss auch ehrlich sein: Tom Brady hat als einzelner Spieler mehr Meisterschaften gewonnen als alle anderen Franchises in ihrer jeweiligen Geschichte. Dass er also ein großer Faktor ist für das Spiel an sich, aber auch für jede Mannschaft, bei der er spielt, ist ganz klar.

Früher Football-Profi in der NFL: Sebastian Vollmer

Früher Football-Profi in der NFL: Sebastian Vollmer : Bild: dpa

Wie äußert sich das innerhalb einer Mannschaft?

Tom Brady spielt immer auf allerhöchstem Level. Als sein Mitspieler willst du da mithalten. Du willst auf keinen Fall der Spieler sein, der Fehler macht, der ein Spiel verliert. Deshalb hängst du dich besonders rein, einfach, um zu versuchen, auf Bradys Niveau aufzuschließen. Das ist nicht nur bei einem Super Bowl so, sondern die gesamte Saison. Wenn er morgens eine Stunde früher zum Training kommt, dann machst du das auch, dann kommst du nicht pünktlich zur normalen Zeit. Und das zahlt er zurück: Manchmal setzt er sich auch hin mit dir oder deiner Positionsgruppe und spricht über spielerische Dinge, coacht dich wie ein Trainer, obwohl er das nicht ist. Tom Brady macht nicht nur seinen Job, sondern oft auch den der anderen. Und das manchmal sogar besser.

Brady trainiert also sogar seine Mitspieler: Hat er damit einen Sonderstatus innerhalb der Liga, der National Football League, oder innerhalb einer Mannschaft?

Auf jeden Fall. Tom Brady ist immer so gut vorbereitet bei jeder Besprechung, in jedem Meeting, dass er alleine durch sein Wissen über bestimmte Situationen in der Vergangenheit Trainer sogar bloßstellen kann, wenn er denn will, weil er mehr weiß, besser vorbereitet ist als sie. Er kann also nicht nur seine Mitspieler, sondern auch seine Trainer auf ein anderes Level heben. Und sein Trainer bei Tampa Bay, Bruce Arians, lässt ihn das bei den Buccaneers auch machen. Er vertraut ihm und gibt ihm Freiheiten, manchmal Entscheidungen auf oder neben dem Feld selbst zu treffen.

Was bedeutet dieser siebte Super-Bowl-Sieg nun für Brady und seine Karriere?

Mit dem Wechsel nach Tampa Bay ist er ein riesiges Risiko eingegangen nach 20 Jahren bei den New England Patriots. Hätte er in dieser Saison jetzt keinen Erfolg gehabt, hätten ihm alle nachgesagt, er hätte es nicht drauf, er hätte seinen Erfolg bei den Patriots nur dem dortigen Team und dessen Trainern zu verdanken, vielleicht ist er doch nicht so gut. Als Sportler nach einer schon so langen und erfolgreichen Karriere alles auf eine Karte zu setzen, so an sich selbst zu glauben, finde ich absolut beeindruckend. Und dann noch so abzuliefern, das ist bewundernswert.

Sieben Siege im Super Bowl, das ist ein Rekord, der wohl noch lange bestehen wird.

Ja, ich weiß auch gar nicht, ob man das so richtig in Worte fassen kann, was er damit tatsächlich erreicht hat, sportartenübergreifend, also nicht nur im Football.

Wie wird es nun mit ihm weitergehen, was glauben Sie? Nach dem Spiel hat Brady gesagt, auch im kommenden Jahr sei mit ihm zu rechnen.

Daran glaube ich fest, und warum auch nicht? Ich könnte mir vorstellen, dass er damit auch meinte: ‚Wie könnt ihr tatsächlich davon ausgehen, dass ich nicht mehr spielen werde? Nur weil ich 43 bin? Ich habe gerade den Super Bowl gewonnen. Warum geht ihr davon aus, dass ich nicht mehr kann oder nicht mehr will?‘ Ich glaube, er spielt noch eine Weile weiter. Ich glaube, er will sich 'unsterblich' machen, will in den Geschichtsbüchern landen, und zwar so, dass ihn dort niemand mehr übertrumpfen kann. Dafür stehen die Chancen gut: Tampa Bay wird nächstes Jahr sogar noch besser werden.

Weshalb?

Weil sie, wie auch die anderen Mannschaften der NFL, wahrscheinlich eine einigermaßen richtige Saisonvorbereitung haben werden. Das war 2020 wegen der Corona-Pandemie unmöglich.

Da sprechen Sie ein wichtiges Thema an. Sie leben in den Vereinigten Staaten, wo das Virus noch immer stark grassiert, und waren selbst erkrankt in den vergangenen Wochen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Ich wurde richtig krank innerhalb von zwei, drei Tagen, das ging ganz schnell. Dann kam das hohe Fieber, dann die Atemnot. Ich lag nur noch im Bett. Wenn ich mich umdrehen wollte, um meine Flasche Wasser aufzumachen, habe ich mich gefühlt, als würde ich ersticken. Das war schon ein sehr komisches Gefühl. Vor allem weil ich dachte: Ich lebe relativ gesund, ich halte mich fit, trainiere viel, da muss ich diese Krankheit doch relativ gut überstehen. Das war aber nicht so. Ich habe etwa zehn, zwölf Kilogramm an Körpergewicht verloren.

Jetzt aber geht es Ihnen wieder gut?

Sagen wir mal so: Ich bin noch schlapp. Aber überwiegend geht es mir wieder gut. Es waren schon harte zwei Wochen, aber ich bin froh, dass ich es überstanden habe. Es kann wirklich jeden treffen.

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