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Paul Pogba ist der Zauberer in Blau - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Als Paul Pogba sah, dass er weder Ilkay Gündogan noch den Ball rechtzeitig erreichen konnte, hatte er einen Geistesblitz. Er rutschte ihnen mit angewinkelten Beinen entgegen. Es waren 37 EM-Minuten in München gespielt, als der Ball im Strafraum der Franzosen, die auch in diesem Turnier mit dem Titel planen, auf Gündogan zuflog. Aus elf Metern holte der deutsche Ballkünstler, der in dieser Saison 17 Tore für Manchester City geschossen hat, mit dem rechten Bein aus. Doch dann zögerte er.

Es war nur ein winziger Augenblick, aber nicht winzig genug, um die Schussbewegung nicht zu verändern. Der Ball hüpfte mindestens einen Meter am Pfosten vorbei. Und als Gündogan sich noch ärgerte, stand Pogba neben ihm auf, als wäre nichts gewesen.

Ein Kunststück mit dem Außenrist

Es war erst mithilfe der Zeitlupe zu verstehen, was Pogba mit dem Zögern zu tun hatte. Sein Geistesblitz hatte eingeschlagen. Er wollte den Ball mit seinem Rutscher nicht erwischen, sondern Gündogan irritieren. Das sah man an den angewinkelten Beinen. Und so führte Pogba eine Fähigkeit vor, die im Fußball nur die Genialsten beherrschen: Er veränderte das Spiel, ohne Ball und Gegner zu berühren.

Am späten Dienstagabend, als Pogba sich in der Arena mit dem kleinen „Man of the Match“-Pokal in der Hand den Fragen der Reporter stellte, ging es allerdings nicht um den Rutscher. Er war nur eines von vielen Kunststückchen, die der Mittelfeldspieler in dem ersten Vorrundenspiel aufgeführt hatte.

Sein schönstes war ein Außenristpass von der rechten auf die linke Seite in der 20. Minute, mit dem er die deutsche Abwehr überlistet und das spielentscheidende 1:0 eingeleitet hatte. Das führte dazu, dass sich die Reporter der französischen Zeitung Le Monde eine schöne Beschreibung für seinen Auftritt einfallen ließen: „Le danseur étoile des Bleus“. Der Startänzer der Blauen.

Er tanzte Walzer und Breakdance zugleich

Es passiert etwas Zauberhaftes, wenn Pogba, 28 Jahre alt, sich das Trikot der Nationalmannschaft anzieht. Er macht dann, was im Weltfußball nur wenige können: Er verbindet Gewalt mit Geschick. Er kann Gegenspieler abdrängen und austricksen. Er kann Bälle in kleinsten Lücken erobern und durch kleinste Lücken passen. In München konnte man das mal wieder beobachten. Er tanzte Walzer und Breakdance zugleich.

Es gehört aber zur Wahrheit dazu, dass man seine Leistungen in der Nationalmannschaft hervorheben muss, weil sie im Verein so nur selten zu sehen sind. In Manchester, wo er seit fast fünf Jahren für United aufläuft, hat er in dieser Saison in 42 Spielen sechs Tore und neun Torvorlagen gesammelt. Wenn man sein Talent und seine Ablösesumme (105 Millionen Euro, damals ein Weltrekord) als Maßstab nimmt, ist das nicht viel. Der frühere United-Trainer José Mourinho nannte ihn einst sogar einen „Virus“. Und auch wenn Mourinho längst wieder weg ist, könnte er ein Teil der Erklärung für den Leistungsunterschied sein: In Frankreich hat Pogba einen Trainer, der ihm vertraut.

Wenn Pogba von Didier Deschamps spricht, schwärmt er. „Er hat immer zu mir gehalten, aber mich trotzdem nicht verschont. Er war immer direkt und ehrlich mit mir“, sagte er im Mai. „Er hat mir geholfen, ein Anführer in dieser Mannschaft zu sein. Er hat mir das Vertrauen geschenkt.“

Vor allem aber hat sich Deschamps ein System ausgesucht, in dem Pogba viele Freiheiten hat. Er spielt an der Seite von N’Golo Kanté und Adrien Rabiot. Ein französisches Triumvirat, in dem Pogba eine Sonderrolle hat: Er soll Tore kreieren. „Ich versuche, das Vertrauen zurückzuzahlen“, sagte Pogba im Mai. Dabei hat er das doch schon getan: Im WM-Finale vor drei Jahren schoss er gegen Kroatien das vorentscheidende 3:1.

Am Ende des Abends in München, so hat es ein französischer Reporter dokumentiert, stand Paul Pogba noch vor der Fankurve, in der seine Landsleute feierten, und brüllte: „Das war’s noch nicht.“ Und wenn man sich kurz daran erinnerte, wie er davor gespielt hatte, gab es keinen Grund, daran zu zweifeln.

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