Hape Kerkeling ist zurück – als eine Art satirischer Reiseführer stellt er ab 21. November in einer siebenteiligen TV-Serie Europas Ministaaten vor, von Malta über den Vatikan bis Luxemburg. „Hape und die 7 Zwergstaaten“ heißt die Sendung (läuft sonntags jeweils um 19.10 Uhr auf VOX).
„Ich wollte immer schon mal wissen, wie diese skurrilen Gebilde es geschafft haben, die Zeiten zu überdauern und heute noch zu bestehen“, begründet Komiker Kerkeling sein TV-Comback, „und das beleuchten wir in der Sendung – historisch, satirisch, informativ und touristisch“. Im Vatikan trifft er zum Beispiel den Papst und dessen Schweizer Garde, in Luxemburg hebt ihn der wohl stärkste Mann der Welt mit den Zähnen hoch, in Monaco fährt er mit Nico Rosberg Tretboot.
Wir sind in Europas sieben Zwergstaaten vorausgereist und stellen sie hier schon einmal vor, sortiert nach Größe. Beziehungsweise Winzigkeit.
Vatikanstaat: 0,44 Quadratkilometer
Der kleinste Staat der Welt mit 618 Staatsbürgern (2019) weist einige Superlative auf: Er verfügt über die kleinste und älteste Armee der Welt, die Schweizergarde, seit 1506 im Einsatz, aktuell sind es 135 Mannen.
Das Eisenbahn-“Streckennetz“ ist gerade mal 400 Meter lang, mit genau einem Bahnhof. Das Bevölkerungswachstum durch Neugeborene zählt zu den niedrigsten weltweit, die Alphabetisierungsquote liegt bei 100 Prozent. Die Zahl der Diebstähle ist zwar hoch, es gibt aber nur zwei Gefängniszellen: Die Täter fliehen meist nach Rom.
Das Miniland ist das einzige weltweit mit Latein als Amtssprache. Das verstehen sogar die Geldautomaten, also die automata monetalia. Rund die Hälfte des Staatsgebietes besteht aus Grünflächen, Park- und Gartenanlagen, ideal zum Nachdenken und Beten. Das nutzt eine Kolonie von Mönchssittichen (Myopsitta monachus) aus, die sich vor einiger Zeit angesiedelt hat und Gemeinschaftsnester in den Zedern baut.
Zu den Sehenswürdigkeiten neben dem Petersdom zählen der italienische Renaissance-Garten, ein Nachbau der Grotte von Lourdes, das Äthiopische Kollegium und das Nonnenkloster Mater Ecclesiae.
Eine Besonderheit ist das sogenannte Papamobil, das der Papst für öffentliche Auftritte nutzt. Aktuell ist es ein fünf Tonnen schweres Gefährt auf Basis der Mercedes M-Klasse. 2012 bekam Papst Benedikt XVI. den Wagen geschenkt, jetzt benutzt ihn Franziskus. Staatlich genutzte Fahrzeuge im Vatikan tragen Kfz-Kennzeichen, die mit „SCV“ beginnen, das steht für „Status Civitatis Vaticanae“. Oder, wie die Italiener lästern, für „Se Cristo vedesse“ – wenn Christus das sehen würde ...
Ein beliebtes Souvenir sind die Euro-Münzen des Vatikanstaates. Seit 2017 zeigen sie das Wappen von Papst Franziskus, zuvor war sein Porträt abgebildet. Weil die Auflagen so klein sind, kamen Vatikan-Münzen fast nie in den Geldumlauf – sie wurden gleich von Sammlern aufgekauft. Seit 2010 hat sich der Vatikan verpflichtet, wenigstens 51 Prozent seiner Euros in den normalen Geldumlauf zu bringen. Trotzdem kostet der aktuelle Münzsatz (Nominalwert 3,88 Euro) bei Münzhändlern um 78 Euro.
Monaco: 2,08 Quadratkilometer
Das Fürstentum ist mit knapp zwei Quadratkilometern der zweitkleinste Staat der Welt, nach dem Vatikan. Der Stadtstaat ist in jedem Winkel zugebaut, er zählt inzwischen fast 40.000 Einwohner, von denen nur ein Viertel die monegassische Staatsbürgerschaft besitzt. Der Rest sind überwiegend reiche Zugezogene (es gibt über 8000 Millionäre), die ihren Hauptwohnsitz in das Fürstentum verlegt haben, um Steuern zu sparen.
Aktuelles Staatsoberhaupt und zugleich regierender Fürst ist Albert II. Sein Konterfei ziert aktuell die monegassischen Ein- und Zwei-Euro-Münzen. Zu Ehren seiner verstorbenen Mutter, Fürstin Gracia Patricia, die vor ihrer Ehe als Grace Kelly eine Schauspielkarriere hingelegt hatte, wurde eine Zwei-Euro-Gedenkmünze herausgegeben.
Das Casino Monte Carlo (täglich geöffnet von 14 bis 4 Uhr, Jackett-Pflicht ab 19 Uhr) ist weit über die Grenzen Monacos bekannt, auch aus James-Bond-Filmen wie „Casino Royale“, „Sag niemals nie“ und „Golden Eye“. Der Eintritt in das Belle-Époque-Gebäude mit Deckengemälden und güldenen Verzierungen kostet 17 Euro für Erwachsene.
San Marino: 61,2 Quadratkilometer
Es ist wohl das einzige viel besuchte Land, das nicht über Overtourism jammert. San Marino kann gar nicht genug Besucher bekommen. Der Zwergstaat mit ein paar Dörfern, komplett umschlossen von Italien, lebt von Touristenmassen. Die 33.000 Einwohner wissen ihren Status als mehrwertsteuerfreie Mini-Republik zu vermarkten – zumindest war das vor der Pandemie so, und man hofft, bald wieder das Vor-Corona-Niveau zu erreichen.
Die meisten Besucher sind Tagesausflügler. Die kraxeln entweder zu Fuß über 300 Treppenstufen bergauf in die Hauptstadt San Marino Città auf den Felsen, oder sie nehmen die Seilbahn vom Dörfchen Borgo Maggiore. Das Felsplateau ist autofrei, hier oben leben nur 4000 Einwohner. Jedes Jahr ziehen aber viele Millionen Ausflügler durch ihre Gassen – und shoppen, was das Zeug hält: Taschen, Schmuck, Briefmarken, Kleidung, Kitsch.
Der Zwergstaat prägt eigene Euros mit hübschen Rückseiten in geringer Auflage. Deshalb sind sie begehrt und so gut wie überhaupt nicht im Umlauf. Quasi alle neuen Euro-Münzen werden im Nu von Sammlern aufgekauft – und weiter verscherbelt. Vor Ort muss man für ein Souvenir-Euro-Set im Nennwert von 3,88 Euro sagenhafte 110 Euro hinblättern. Ein glänzendes Geschäft, weshalb in San Marino obendrein und zu jedem Anlass Gedenkmünzen geprägt werden, selbst zum 25. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin gab es eine Sonderprägung und Ludwig van Beethoven (der nie in San Marino war) wurde 2020 mit einer 10-Euro-Münze geehrt.
Eine weitere Besonderheit ist die hohe durchschnittliche Lebenserwartung: Sie beträgt sagenhafte 83,4 Jahre, eine der höchsten Quoten weltweit. Derzeit rangiert San Marino laut CIA Factbook auf Platz fünf hinter Monaco, Japan, Singapur und Macau. Das mag an der kostenlosen Krankenversorgung liegen, null Staatsschulden, einem der höchsten Pro-Kopf-Einkommen oder an den geringen Steuern.
Vielleicht hat es aber mit Bewegung zu tun. Denn die San-Marinesen laufen zwangsläufig viel zu Fuß: Ständig geht es die steilen Gassen hoch und runter, treppauf, treppab. Das hält fit bis in hohe Alter.
Liechtenstein: 160 Quadratkilometer
In Deutschland machte das Fürstentum, viertkleinster Staat Europas, zuletzt am 11. November von sich reden, als es beim WM-Qualifikationsspiel von der deutschen Nationalelf mit 9:0 besiegt wurde und ein Liechtensteiner wegen eines üblen Fouls eine rote Karte kassierte.
Es ist ein echtes Binnenland, im Alpenmassiv zwischen Österreich und der Schweiz, ohne Flugplatz, ohne Hafen, ohne eigene Autobahn. Die 37.200 Einwohner sprechen einen alemannischen Dialekt, Amtssprache ist Deutsch, Währung ist der Schweizer Franken. Die blau-rote Flagge Liechtensteins hat einen goldenen Fürstenhut, der erst 1937 eingefügt wurde, da sie sonst identisch mit der Flagge Haitis gewesen wäre.
Die Fürsten herrschen seit 1719 über den Zwergstaat, haben jedoch erst seit 1938 ihren ständigen Wohnsitz auf Schloss Vaduz. Es thront auf einer Felsterrasse, kann aber nicht besichtigt werden. Nur am Staatsfeiertag, den 15. August, lädt die Fürstenfamilie die Bevölkerung zu einem Aperitif im Schlossgarten ein.
Liechtenstein ist laut Verfassung eine „konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratisch-parlamentarischer Grundlage“. Der Fürst hat ein Vetorecht, ist also mächtiger als etwa die Queen in England. Frauen dürfen in Liechtenstein erst seit 1984 wählen – so spät führte kein anderes europäisches Land das Frauenstimmrecht ein.
Eine deftige Nationalspeise ist der Ribel, ein Gericht aus Maismehl oder Weizengrieß. Er wird in Milchwasser zu Brei gekocht und danach in der Pfanne goldbraun geröstet. Dazu isst der Liechtensteiner gern Sauerkäse oder Apfelmus. Manchmal wird der Ribel in Kaffee oder Milch getunkt, bis sich Fettaugen bilden. Muss man mögen.
Danach hilft ein Absacker. Einer der prämierten Whiskys Europas stammt aus Liechtenstein. Er wird in der Brennerei Telser destilliert. Der Telsington schmeckt fruchtig-mild und gilt als echter, eigenständiger Whisky, der „in seiner Sensorik die Region Rheintal vortrefflich einbindet“, sagen Experten. Wenn es um Getränke geht, hat das Fürstentum ohnehin einiges zu bieten mit 99 Winzern, der fürstlichen Hofkellerei sowie zwei Bierbrauereien.
Malta: 316 Quadratkilometer
„Malta ist nichts weiter als ein Felsen“, maulte ein Kundschafter des Johanniterordens. Weil Kaiser Karl V. aber nur einen einzigen Falken als Zins verlangte, nahm der Ritterorden 1530 die steinige Insel widerwillig als Lehen. Die Urkunde ist ausgestellt im Lesesaal in der Nationalbibliothek in Valletta.
Wer auf Malta saß, kontrollierte die Durchfahrt zum östlichen Mittelmeer. 1798 waren die Ritter schon wieder weg, hinterließen dafür aber alles, was sehenswert und schmackhaft ist: vom Großmeisterpalast (heute Parlament) über die St.-Johns-Co-Kathedrale bis zum einzigen Wäldchen auf der Insel, den Upper Barraka Gardens. Dort setzten sie Karnickel aus, bis heute Maltas Nationalgericht.
Rund 1,8 Millionen Touristen schauten sich vor Corona jedes Jahr die ritterliche Barockpracht an. Jeder Dritte kommt per Kreuzfahrtschiff – und bleibt nur ein paar Stunden. Beliebt ist Malta auch bei Sprachschülern – ungefähr 60.000 kommen jeden Sommer hierher.
Chillen am Beach können sie jedoch vergessen, denn es gibt kaum Sandstrände, dafür jede Menge Pubs, Clubs und Discos, vor allem in der Party-Hochburg St. Julians. Eine Sperrstunde gab es vor Corona nicht, dafür läuten um halb sechs in der Früh alle Kirchenglocken – Signal für alle, die gleich in einer der 50 Sprachschulen einen Englisch-Kurs haben.
Englisch ist auf Malta weitverbreitet, weil der Inselstaat lange britische Kolonie war. Nationalsprache ist allerdings Maltesisch. Das stammt aus einem arabischen Dialekt, der lange Zeit nur gesprochen, aber nicht geschrieben wurde. Deshalb mussten 2004 viele bürokratische Wörter erfunden werden, als Maltesisch plötzlich EU-Amtssprache wurde. Malteser sprechen im Alltag meist Englisch, schimpfen aber gern auf Maltesisch.
Und was ist typisch Maltesisch? Kinnie! Diese bernsteinfarbene Kräuterlimonade schmeckt bitter und süß zugleich. Der Softdrink ist seit 1952 die maltesische Antwort auf die Invasion unzähliger Colas. Er besteht aus Wermutkraut, maltesischer Bitterorange und 18 verschiedenen Kräutern und Gewürzen, darunter Ginseng, Vanille und Rhabarber. Gibt es auch als „Zero“-Version. Schmeckt ein wenig wie ein Almdudler, wird eisgekühlt pur getrunken oder mit Cocktails gemixt.
Andorra: 468 Quadratkilometer
In den östlichen Pyrenäen liegt, zwischen Frankreich und Spanien eingeklemmt, das auf der Landkarte kaum zu findende Andorra. Von den 80.000 Einwohnern stammt nur knapp die Hälfte aus dem Land selbst – die meisten sind zugewandert.
Touristen locken das größte Skigebiet der Pyrenäen und der steuerfreie Einkauf von Luxusartikeln. Das Image als Steuer-Oase hingegen versucht man loszuwerden. Immerhin: Seit 2015 wird eine Einkommensteuer erhoben.
Obwohl der Zwergstaat 1993 die volle staatliche Souveränität erhielt, hat er zwei ausländische Staatsoberhäupter. Das sind der Bischof der in Spanien gelegenen Stadt La Seu d’Urgell und der französische Präsident; beide werden in Andorra durch einen ständigen Delegierten vertreten. Emmanuel Macron stattete seinen Untertanen im September 2019 erstmals einen offiziellen Besuch ab.
Dieses Kuriosum mit den zwei Staatsoberhäuptern geht auf einen Vertrag von 1278 zurück. Es spiegelt sich auch in der Flagge des Landes wider, die die Farben der französischen Trikolore (Blau und Rot) mit dem Rot-Gelb Spaniens vereint.
Weiteres Kuriosum: Andorra ist das einzige Land der Welt, das Katalanisch als alleinige offizielle Amtssprache hat. Aufgrund starker Zuwanderung ist Katalanisch heute allerdings nur noch für eine Minderheit die Muttersprache. Weitere Umgangssprache ist Spanisch, Französisch verstehen viele Andorraner ebenfalls gut.
Und ein kurioses Tier gibt es auch in Andorra: Der Pyrenäen-Desman, der zur Familie der Maulwürfe gehört. Er ist ein guter Schwimmer. Den Tag verschlafen die Tiere in ihrem Bau, nachts sind sie im Wasser auf der Jagd. Dort tasten sie mit ihrer rüsselartigen Nase geschickt nach Beute. Dabei verschließen sie die Löcher ihrer Nase, zum Atmen wird sie wie ein Schnorchel hochgereckt. Es kommt vor, dass Pyrenäen-Desmane von hungrigen Raubtieren getötet werden. Gefressen werden sie dann aber nicht – das verhindert ihr moschusähnlicher Geruch.
Luxemburg: 2586 Quadratkilometer
Preisfrage: Wie viele Großherzogtümer gibt es weltweit? Richtig, genau eines! Luxemburg ist das letzte seiner Art. Den ungewöhnlichen Titel bekam es nach dem Wiener Kongress 1815. Auch andere Fürstentümer wie Oldenburg und Mecklenburg-Strelitz wurden einst von Großherzögen regiert, doch nach dem Ersten Weltkrieg blieb nur Luxemburg übrig. Staatsoberhaupt der 634.000 Einwohner ist seit 2000 Großherzog Henri. Mit gut 2500 Quadratkilometern ist Luxemburg der größte unter Europas sieben Zwergstaaten.
Nationalsprache und Muttersprache der meisten Luxemburger ist Lëtzebuergesch, das der moselfränkischen Mundart ähnelt. Deutsch und Französisch sind weitere Amtssprachen. Portugiesisch ist aber auch weitverbreitet. Wie das? Weil fast die Hälfte der Einwohner (47 Prozent) Ausländer sind. Die größte Gruppe stellen die Portugiesen mit 14,9 Prozent. Es folgen Franzosen, Italiener, Belgier und Deutsche.
Und wofür ist Luxemburg bekannt? Zum Beispiel für RTL, abgeleitet von Radio Télévision Luxembourg. Die Geschichte des Senders begann 1933, als Radio Luxembourg als erster Privatsender Europas startete. Ein deutschsprachiges Musikprogramm sendete Radio Luxemburg (nun ohne o) für die neue Zielgruppe ab 1957. Die Luxemburger gingen 1984 auch mit einem deutschen TV-Programm auf Sendung – RTL plus. Heute hat RTL (mittlerweile ohne plus) als privater TV-Sender einen bundesweiten Marktanteil von gut acht Prozent.
Bekannt ist auch die Echternacher Springprozession. Seit dem Mittelalter findet in der Stadt Echternach jedes Jahr am Dienstag nach Pfingsten ein seltsam anmutender religiöser Umzug statt: Zu Polka-Melodien springen mehrere Tausend Männer und Frauen reihenweise und über mehrere Stunden so lange durch die Straßen, bis sie das Grab des heiligen Willibrord in der Echternacher Basilika erreicht haben. Seit 2010 steht die Prozession auf der Unesco-Liste des immateriellen Weltkulturerbes der Menschheit.
Einen Rekord hat das kleine Luxemburg in Sachen Liberalität 2015 aufgestellt: In jenem Jahr trat Premierminister Xavier Bettel (der seit 2013 amtiert) vor den Traualtar und vermählte sich mit Gauthier Destenay, einem belgischen Architekten. Bettel ist damit der erste schwule Regierungschef weltweit, der im Amt seinen Partner heiratete. Flitterwochen nach der Hochzeitsparty gab es allerdings nicht. Bettel flog pflichtbewusst zu einem europäisch-asiatischen Wirtschaftsgipfel.
Von Sönke Krüger; Barbara Kollmann; Anna Warnholtz; Kira Hanser; Nicole Steiner; Jörg Malitzki
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