Krimi-Wiederholung: Der Dortmund-»Tatort« im Schnellcheck - DER SPIEGEL
Pillen schmeißen, Plastiktüten über den Kopf stülpen: Faber und Co. wollen mit Selbstexperimenten einen Erstickungstod aufklären. Düster, krank, inspiriert – ein klassischer Dortmund-»Tatort«.
In der Sommerzeit zeigt das Erste nur »Tatort«-Wiederholungen. Dieser Text erschien in seiner ursprünglichen Version zur Erstausstrahlung im April 2019.
Das Szenario:
Das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps, das Morddezernat ist im Todesrausch. Nachdem die Internistin einer Notaufnahme mit einer Plastiktüte erstickt worden ist, unternimmt das Team um Faber (Jörg Hartmann) und Bönisch (Anna Schudt) riskante Selbstversuche: Wie fühlt es sich an, wenn das Plastik einem die Luft zum Atmen nimmt? Die Missstände im Krankenhaus geraten dabei in den Hintergrund – zumal der vom Tod seiner Familie traumatisierte Faber hier auf einen Psychologen trifft, der in das Innerste des Kommissars schauen kann und ihm eine Drogentherapie verordnet.
Der Clou:
Die Grenzerfahrung als Analysebeschleuniger: Faber und Co. begeben sich in rauschartige Ausnahmezustände. Die Drogenpropheten der Gegenkultur wären stolz aufs Dortmunder Team. Wie sagt man: Der Wahnsinn hat hier Methode. Erinnert ein bisschen an den psychedelischen Münchner »Polizeiruf«, in dem Matthias Brandt als Kommissar Meuffels stark sediert am Tropf in einem Krankenhaus ermittelte.
Kommissarin Dalay (Aylin Tezel, hat den »Tatort« inzwischen verlassen) hyperventiliert beim Selbstversuch mit einer über den Kopf gezogenen Plastiktüte. Erst im letzten Moment kann sie ein Kollege befreien.
Der Dialog:
Kommissar Faber: »Sieht man mir an, dass ich Psychopharmaka nehme?«
Kollegin Bönisch: »Ich seh nur, dass Sie verrückt sind, aber nicht, was Sie dagegen machen.«
Der Song:
»Time« von Ash Ra Tempel & Timothy Leary. Das gut 20-minütige Stück, das der Drogenprophet Leary 1972 mit dem Hippie-Ensemble Ash Ra Tempel eingespielt hat, feiert die befreiende und therapeutische Wirkung des LSD. Wäre ein schöner Soundtrack für diesen »Tatort«, dessen Ermittler auch vor riskanteren Methoden des Erkenntnisgewinns nicht zurückschrecken.
Die Bewertung:
8 von 10 Punkten. Ein Krimi, der sich vor dem Hintergrund der chaotischen Zustände auf einer Notaufnahme aus der starren Ermittlungsroutine löst. Auch gewagte Wendungen wirken hier halbwegs glaubhaft. Düster, irre, inspiriert – typischer »Tatort« aus Dortmund eben.
0 Response to "Krimi-Wiederholung: Der Dortmund-»Tatort« im Schnellcheck - DER SPIEGEL"
Post a Comment